Herausforderung: Mailand - San Remo

LepakFür Radprofi Erik Zabel ist es ,,das schönste Rennen der Welt": Kein Wunder, hat er doch den Klassiker Mailand - San Remo schon dreimal gewonnen. Hobby-Radfahrer Wolfgang Lepak aus Duisburg-Homberg ist auf der Originalstrecke der Profis gefahren. Tropische Vegetation, mildes Klima, herrliches Wetter und eine tolle Tour: Das war für mich fast so schön wie Weihnachten", schwärmt der 52-Jährige noch heute.

Wolfgang Lepak auf der Strecke der Profis

,,Zabelhaft": die Schinderei am Ziel-Hügel

Von ACHIM BERTENBURG

DUISBURG-HOMBERG. Die ,,Classicissima" Mailand - San Remo gilt inzwischen als „zabelhaftes“ Radrennen. Und der Telekom-Profi nennt seine inzwischen drei Erfolge auf der Strecke „noch schöner als das grüne Trikot" des besten Sprinters bei der Tour de France. Immerhin hat er bei dem Rennen ja auch Radsport-Geschichte geschrieben: Außer  ihm überquerten nur die Stars Eddy Merckx, Fausto Coppi und Gino Bartali drei Mal als erste das Ziel in der Stadt am Ligurischen Meer. Der Kurs des Mega-Rennens ist in vielen Stücken flach Leicht aber keineswegs. „Das Schwerste ist eindeutig die Länge“, sagt Zabel. Ein längeres Rennen als die „primavera", die Fahrt in den Frühling, gibt es für die Radprofis im ganzen Jahr nicht Und die Tücken sie liegen am Ende.

Nur ,,ein paar schippen Sand"

Auch für den 52-jährigen Wolfgang Lepak war das so. Der Duisburger, der den Radsport als Ausgleich betrachtet, erfüllte sich einen Traum: Einmal wie Zabel und Co. die Strecke fahren. Das wäre es. Und er hat es geschafft. Allerdings: ,,irgendwann", so sagt er heute, „geht es bei dem Rennen ans Eingemachte“. Keineswegs der höchste Punkt (Turchinopass, 532 Meter) zur ,,Halbzeit" ist es, der in die Beine geht. Capo Mele, Capo Cervo, Capo Berta, Cipressa: Das sind die so poetisch klingenden Namen der Steigungen kurz vor Shluss. Rauf runter: Eine ,,Schinderei". In seiner persönlichen ,,Weihnachtsgeschichte" nennt Wollgang Lepak sie seine ,,vier Adventssonntage",   Greifbar nahe liegt nämlich das große Finale, wenn der Poggio auftaucht - schlichte 162 Höhenmeter. ,,Ein paar Schippen Sand" nennen   Rennfahrer  solche Hügel. Aber wer als Radler - egal ob Profi oder Amateur - schon 285 Kilometer im Rennsattel hinter sich hat, für den verwandeln sich derartige ,,Hügel" zu Auslese-Gipfeln. Für den wird der Poggio zum ,,Scharfrichter".

KarteWieso um Gotteswillen tut sich eine Amateur so etwas an - freiwillig? Viel zu viel hat Wolfgang Lepak über diesen letzten Anstieg gehört und gelesen: die Faszination ist es, die Begeisterung, deren man sich nicht erwehren kann. Mehr als neun Stunden lang war er schon im Sattel, als der Poggio auftaucht. Dann galt es. Noch einmal seine Seele am Straßenrand lagern. Einmal noch alles Denken einstellen. Radfahren ist Meditation. Wolfgang Lepak wuchsen Flügel: Ich flog den Poggio förmlich hoch", sagt er. Dann die Kehren hinunter nach San Remo, hinein in die Via Roma, einbiegen in die enge, pappelgesäumte Corsa Garibaldi...

Wie weggeblasen waren die Gedanken, die sich eingeschlichen hatten: ,,Die 295 Kilometer kannst du einfach nicht zu Ende fahren." Doch. Es ging! Nach 9 Stunden, 41 Minuten und 12 Sekunden war Lepak am Ziel. Platz 419 unter 1500 Mitfahrern. Klasse!  Durchschnittsgeschwindigkeit: 30,4 km/h.

Zurück ins Büro

Erst viel später, wieder daheim am Niederrhein, hat Wolfgang Lepak nachgeschaut, wie viel Erik Zabel für die Strecke benötigt hat: 7 Stunden, 11 Minuten und 29 Sekunden. Doch Zabel, gemessen an Siegen - der welt-beste aller Radprofis - musste nicht am nächsten Tag wieder im Büro sitzen, wenn der Allerwerteste noch immer vom Sattel schmerzt!

 

Für alle, die 2001 ihren Drahtesel für Mailand - San Remo satteln wollen: ein paar Tipps von Wolfgang Lepak:

Man sollte ,,recht fit" sein. ,,Das Tempo in der Gruppe ist, vor allem am Anfang sehr hoch." Startberechtigt ist für die Amateur-Tour zunächst nur, wer einem Radsportverein oder einer ähnlichen Organisation  angehört  und eine Haftpflichtversicherung  sowie seine Lizenz-nummer für die Veranstaltung nachweist."

Wolfgang Lepak gehört keinem Radsportverein an, sondern hat alles über einen speziellen Veranstalter für Radtouren  organisieren  lassen: „Velo Travel" in Karlsruhe, Herrenstr. 33 (Tel. 0721 - 9204350). Infos übers Internet: www.velotravel.de,

Auch in diesem Jahr bietet der obige Veranstalter eine solche Reise an: Samstag 26.Mai, bis Montag 28, Mai 2001. Die Leistungen: Fahrt im Reisebus von Karlsruhe bis Mailand, San Remo bis Karlsruhe. Begleitung und Betreuung. Übernachtung in Hotels in Mailand und SanRemo mit Frühstück und Abendessen, Anmeldegebübr für das Rennen (75.000 Lit), Reisekosten-Rücktrittsversicherung' Haftpflichtversicherung für die Veranstaltung, Kaution für den Zeitmeß-Sensor. Der Preis: 660 Mark (Dreibettzimmer 625 Mark, Einzel-Zimmer 765 Mark.

Wenngleich Wolfgang Lepak ,,Solo" gebucht hatte. Von der Kameradschaft, die in den drei Tagen zwischen den Teilnehmern aus ganz Deutschland entstand, ist der Homberger noch immer ,,begeistert".

 

Wolfgang  Lepak,  Jahrgang 1948, bezeichnet sich selbst als ,,Gesundheitssportler". Radfahren bedeutet für ihn Ausgleich von beruflichen Stress. Bei ,,ordentlichem" Wetter genieße er es, nach Feierabend einige Runden mit dem Rennrad zu drehen. Wenn's draußen nicht möglich ist, geht er im Keller ,,auf die Rolle" und strampelt dort. Als Leistungssportler hat sich Wolfgang Lepak einen Namen  im Kanusport gemacht. Im Wildwasser erfahren, gehörte der Athlet von Rheintreue Honiberg über viele Jahre zu den Besten dieser Zunft - nicht nur in Deutschland. Seine größte sportliche Enttäuschung 1972: nur denkbar knapp schrammte ,,Tobi", wie ihn seine Kameraden nennen, damals an der Olympia-Fahrkarte vorbei.

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Rheinische Post, Mittwoch, 27. Dez 2000 - Nr. 229